Elektroautos unterwegs laden – die Situation in Deutschland
Durchschnittlich findet ein Fünftel aller Ladevorgänge von Elektroautos an öffentlichen Ladesäulen statt. Tarife dafür bieten überwiegend Energieversorger an, also Stadtwerke oder überregionale Energieanbieter. Doch auch Dienstleister wie die Telekom oder der ADAC verkaufen Ladestrom, ebenso wie manche Autohersteller. Auch im Einzelhandel, beispielsweise bei mehreren Supermarktketten, ist kostenfreies Laden während des Einkaufens möglich. Insgesamt stehen in Deutschland aktuell circa 19.000 Ladesäulen mit rund 54.000 Ladepunkten zur Verfügung.
Der Markt für Ladetarife ist sehr unübersichtlich, denn es wird nicht einheitlich abgerechnet. Neben Preisen pro Kilowattstunden gibt es Abrechnungen nach Ladezeit, pro Ladung oder über eine Flatrate. Hinzu kommt, dass individuelle Faktoren wie die Anzahl der zu ladenden Kilometer im Jahr, die Batteriegröße und die Ladezeit des E-Autos wesentlich darüber entscheiden, ob ein Tarif teuer oder preiswert ist.
Leider bilden die gängigen Vergleichsportale Elektromobilitätstarife bisher nicht ab. Wenn Sie ein Elektroauto haben, müssen Sie deshalb selbst ermitteln, welche Angebote für Sie geeignet sind. Wir zeigen, worauf dabei zu achten ist.
Laden mit Wechselstrom oder schneller mit Gleichstrom?
Am weitesten verbreitet ist das Laden mit Wechselstrom, das sogenannte AC-Laden. Am häufigsten trifft man dabei auf eine Ladeleistung von 22 Kilowatt (kW). DC-Ladensäulen arbeiten mit Gleichstrom und haben eine höhere Leistung, oft 50 kW. Dadurch ermöglichen sie ein sehr schnelles Laden. Diese Schnellladesäulen sind aber viel seltener, und das Laden ist in der Regel teurer als an den AC-Säulen. Häufig findet man die Schnellladesäulen an Autobahnraststätten.
Wie lange es dauert, bis eine Batterie voll ist, hängt nicht nur von deren Größen und der Leistung der Ladesäule ab. Auch die maximale Ladeleistung des Ladegerätes im Auto spielt eine Rolle. So kann ein Auto mit einer maximalen AC-Ladeleistung von 7,2 kW gar nicht die volle Leistung einer 11 kW-Ladesäule aufnehmen – das "Betanken" dauert dementsprechend länger. Zudem können Sie nicht mit jedem Auto die schnellen DC-Ladesäulen nutzen. Und auch der Ladezustand der Batterie hat Einfluss auf die Ladezeit – die letzten Prozente dauern am längsten.
Passt die Säule zum Ladestecker?
Welche Anschlüsse eine Ladesäule hat, lässt sich in vielen Übersichtskarten online herausfinden. Die Recherche ist allerdings nicht immer nötig, denn an jeder Wechselstromladesäule in Deutschland mit mehr als 3,7 kW Ladeleistung muss es möglich sein, mit dem in Europa am weitesten verbreiteten Stecker zu laden: Dem "Typ 2"-Stecker. Das ist vorgeschrieben. Das heißt, mit einem Fahrzeug mit "Typ 2"-Buchse, einem kompatiblen "Combo 2"-Anschluss und in Verbindung mit einem Adapter auch mit einem dem "Typ 1"-Anschluss sind Sie überall auf der sicheren Seite. Sie müssen allerdings oft Ihr eigenes Kabel mitbringen.
Für Schnellladesäulen mit Gleichstrom ist als Mindeststandard der verbreitete "Combo 2"-Stecker vorgesehen, der auch als CCS (Combined Charging System)-Stecker bezeichnet wird. Der "Combo 2"-Stecker ist kompatibel mit allen Autos, die eine CCS-Ladedose verbaut haben. Das kombinierte Ladesystem CCS ermöglicht es Autofahrern, neben den CCS-Ladesäulen auch die normalen AC-Ladesäulen vom Typ 2 zu nutzen. Hat Ihr Auto hingegen nur eine Typ-2-Ladedose, können Sie damit nicht schnellladen.
Obwohl das CCS als Mindeststandard für neue Schnellladesäulen vorgesehen ist, gibt es Ausnahmen davon, und Bestandsschutz für ältere Schnellladestationen. Es gibt also auch Schellladestationen die CCS nicht unterstützen. Eine Recherche vorab empfiehlt sich also.
Wer mit dem vor allem in japanischen Modellen verbreiteten Schnelladestecker ChaDeMo unterwegs ist, sollte genauer prüfen, wo sich eine geeignete Ladesäule befindet – sie sind in Europa seltener. Für Wagen des Herstellers Tesla wiederum gibt es exklusive Ladestationen, die sogenannten Supercharger. Die Fahrzeuge können aber auch an ganz normalen Säulen über den Typ-2-Stecker geladen werden. Auch CCS-Säulen können genutzt werden, je nach Automodell mit oder ohne Adapter. Mit Adapter ist auch das Laden am ChaDeMo-System möglich.
Abrechnung nach Strommenge, Zeit oder Ladevorgang?
Zusätzlich zu den Kosten für das eigentliche Laden berechnen manche Anbieter eine Grundgebühr. Auch einmalige Kosten für eine Ladekarte können anfallen. Zudem wird in der Regel danach unterschieden, ob an einer Normalladesäule (AC) oder an einer Schnellladesäule (DC) geladen wurde.
Das Laden selbst wird häufig nach Kilowattstunden abgerechnet, also nach der abgegebenen Strommenge. Eine andere Variante ist die Abrechnung nach Zeit, also der Dauer der Nutzung einer Ladesäule. Möglich ist auch eine Kombination. Dabei wird anfangs nur ein Kilowattstundenpreis fällig. Ab einer bestimmten Zeit, z.B. nach vier Stunden, wird aber zusätzlich nach Zeit abgerechnet. Das soll verhindern, dass Ladesäulen zu lange durch ein bereits "vollgetanktes" Fahrzeug blockiert werden.
Als weitere Möglichkeit gibt es, ähnlich wie im Mobilfunkbereich, auch Volumentarife und echte Flatrates. Damit erhalten Sie gegen einen Festpreis eine begrenzte oder bei der echten Flatrate eine beliebige Strommenge pro Monat oder Jahr. Andere Anbieter wiederum rechnen eine feste Gebühr pro Ladevorgang ab, unabhängig von dessen Dauer und der abgenommenen Strommenge.
An allen Ladesäulen muss beim Laden ein Preis in Cent pro Kilowattstunde anzeigt werden. Umgesetzt ist das aber noch nicht überall – Grund hierfür ist, dass die Nachrüstung geeichter Zähler bei den DC-Ladesäulen technisch recht aufwendig ist und daher übergangsweise geduldet wird, wenn noch kein Kilowattstundenpreis angezeigt wird. Zudem darf eigentlich nicht mehr ausschließlich pro Ladevorgang oder allein nach Zeit abgerechnet werden – übergangsweise werden solche Tarife aber noch geduldet. Flatrates oder eine zusätzliche Abrechnung nach Zeit, zum Beispiel als Parkgebühr, die aber transparent ausgewiesen werden muss, sind weiterhin erlaubt, ebenso wie das kostenfreie Laden oder eine Grundgebühr.
Fehlende transparente Preisangaben an Ladesäulen für E-Autos sind inakzeptabel, aber leider derzeit weit verbreitet. Die Verbraucherzentrale NRW hat im Januar 2020 den Anbieter New Motion Deutschland GmbH abgemahnt, denn in dessen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) steht, dass die Kunden den Preis für das Aufladen eines E-Autos selbst zu recherchieren haben. Dabei verweist New Motion auf Apps, ein Portal und eine Internetseite. Gleichzeitig schränkt das Unternehmen aber auch ein, nicht dafür garantieren zu können, dass die angezeigten Preise richtig, vollständig und zutreffend sind.
So überschlagen Sie Ihre persönlichen Ladekosten (Rechentool)
Um herauszufinden, welche Tarife sich am besten für Sie eignen, benötigen Sie folgende Angaben:
- Ungefähre Kilometeranzahl, für die Sie in einem Jahr unterwegs Strom laden werden
- Stromverbrauch Ihres Autos in Kilowattstunden (kWh) pro 100 Kilometer
- Batteriekapazität Ihres Autos in kWh
- Ladeleistung Ihres Autos in Kilowatt (kW) bei der normalen AC-Ladung
- Ladeleistung Ihres Autos bei der schnellen DC-Ladung, sofern Ihr Auto dafür geeignet ist
Aus diesen Daten ermittelt unten stehender Ladebedarfsrechner:
- Welche Menge Strom Sie voraussichtlich pro Jahr an öffentlichen Ladesäulen beziehen werden,
- in wie viele Ladevorgänge an öffentlichen Ladesäulen sich das aufteilt
- wie lange ein Ladevorgang jeweils dauert.
Damit haben Sie die Grundlagen zur Einschätzung von Tarifen mit allen oben erklärten Abrechnungsmodellen: Nach Kilowattstunden, nach Ladevorgängen und nach Ladedauer.