Drastische Preisunterschiede bei rheinland-pfälzischen Grundversorgern

Pressemitteilung vom
Verbraucherzentrale sieht Handlungsbedarf bei der Landeskartellbehörde
Gasflamme und Heizplatte eines Herds
  • Rund ein Drittel der rheinland-pfälzischen Grundversorger für Strom und Gas praktiziert ein rechtlich umstrittenes Zwei-Klassen-Preismodell in der Grundversorgung.
  • Ein Preisvergleich der Verbraucherzentrale von Ende Februar zeigt enorme Preisunterschiede.
  • Die Verbraucherzentrale sieht dringenden Handlungsbedarf bei der Landeskartellbehörde.
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Die rheinland-pfälzischen Grundversorger für Strom und Erdgas reagieren sehr unterschiedlich auf die Turbulenzen auf den Energiemärkten. Dies zeigt eine aktuelle Preisanalyse der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz bei den Grundversorgern für Strom und Gas in Rheinland-Pfalz.

Fragwürdige Zwei-Klassen-Preismodelle

Rund 30 Prozent der Energieversorger haben ein Zwei-Klassen-Preismodell in der Grundversorgung etabliert, bei dem Bestandskunden weniger bezahlen als Neukunden. Ob dies zulässig ist, klären derzeit die Gerichte. Erste Urteile sind uneinheitlich, weil es sich um ein völlig neues Phänomen handelt. „Dass es auch ohne Zwei-Klassen-Modell geht, zeigen 44 Strom- und 27 Gasgrundversorger in Rheinland-Pfalz“, so Hans Weinreuter, Fachbereichsleiter Energie und Bauen bei der Verbraucherzentrale.

Drastische Preisunterschiede

Besonders auffällig sind die Preisunterschiede für Neukunden in der Grundversorgung. Strom-Neukunden der Kommunalen Eisenberger Energiepartner GmbH (KEEP) zahlen rund das Dreifache wie Neukunden des Elektrizitätswerks Meckenheim. Die Kosten für 3.600 Kilowattstunden (kWh) Strom liegen zwischen 1.018 Euro (Elektrizitätswerk Meckenheim) und 3.198 Euro (KEEP). Bei der Erdgasversorgung sind die Unterschiede noch gravierender. Bei einer Abnahme von 20.000 Kilowattstunden liegen die Jahreskosten beim teuersten Anbieter sogar viermal höher als beim billigsten. Die KEEG verlangt für diese Abnahmemenge 1.485 Euro, die Rheinische Energie AG (Rhenag) 6.112 Euro.

„Die Versorger mit einem Zwei-Klassen-Modell begründen ihre Preise mit den wesentlich höheren Kosten für die kurzfristige Beschaffung zusätzlicher Energiemengen auf den Spotmärkten“, so Weinreuter. „Schaut man sich jedoch die Preisentwicklung auf den Märkten für die Lang- und die Kurzfristbeschaffung an, so sind gesonderte Neukundenpreise jenseits von 50 Cent pro Kilowattstunde beim Strom und mehr als 16 Cent pro Kilowattstunde beim Erdgas kaum zu rechtfertigen.“ Der Preis für Bestandskunden liegt beim Strom momentan zwischen 26 und 31 Cent pro Kilowattstunde  und beim Erdgas zwischen 7 und 10 Ct pro kWh.

Kartellbehörde einschalten

Aufgrund dieser großen Unterschiede hält die Verbraucherzentrale eine Überprüfung dieser Preisstrukturen durch die Landeskartellbehörde für dringend erforderlich. Sie hat das zuständige Wirtschaftsministerium ersucht, die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten. „Auch wenn diese Preisübersicht nur eine Momentaufnahme ist, ist vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine mit weiteren Preissprüngen zu rechnen. Umso wichtiger ist eine kartellrechtliche Prüfung zum Schutze der Verbraucher:innen“, so Weinreuter.
Hintergrund

Die Grundversorgung spielt in der jetzigen Situation eine besondere Rolle. Einige Energiediscounter haben Ende des letzten Jahres die Belieferung ihrer Kund:innen eingestellt. Dadurch waren viele Haushalte praktisch gezwungen, kurzfristig in die Ersatz- bzw. Grundversorgung zu gehen. Die Verbraucherzentrale verurteilt das Vorgehen dieser Energiediscounter scharf.

Die Untersuchung kann hier heruntergeladen werden

VZ-RLP

 

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