Entgelterhöhung im Pflegeheim: Wer soll das bezahlen?

Pressemitteilung vom
Verbraucherzentrale fordert Begrenzung der Eigenanteile
Zwei Hände älterer Menschen, die sich halten.
  • Mehrere Pflegeheime in Rheinland-Pfalz kündigen aktuell erhebliche Entgelterhöhungen an. Die Eigenanteile der Bewohnenden können sich im Einzelfall auf bis zu 4.200 Euro pro Monat erhöhen.
  • Die Erhöhungen gehen fast vollständig zu Lasten der Pflegebedürftigen.
  • Die Verbraucherzentrale fordert dringend weitergehende finanzielle Entlastungen für Pflegebedürftige in Heimen als im aktuellen Gesetzentwurf für eine Pflegereform vorgesehen ist.
Off

Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz erhält derzeit zahlreiche Anfragen zu drastischen Preiserhöhungen in Pflegeheimen. In einem Fall soll der monatliche Eigenanateil in den Pflegegraden 2 bis 5 um 1300 Euro auf insgesamt 4220 Euro steigen. Zwar erhalten die Pflegebedürftigen noch einen Zuschuss von der Pflegekasse, der sich nach der bisherigen Dauer des Heimaufenthalts richtet, doch können viele bereits jetzt den Eigenanteil nicht aus eigenen Einkünften und Vermögen bezahlen und müssen deshalb Sozialhilfe beantragen.

„Die Preiserhöhung kann zulässig sein“, so die ernüchternde Antwort von Gisela Rohmann, Pflegeexpertin der Verbraucherzentrale. „Es gibt derzeit keine Beschränkung bei Höhe und Häufigkeit der Preisanpassung.“ Pflegebedürftige in Heimen werden laut Gesetz dadurch geschützt, dass die Einrichtungen die Preise mit den Pflegekassen und überörtlichen Sozialhilfeträgern aushandeln müssen und sie nicht selbst festlegen können. Die Einrichtungen sind zudem verpflichtet, die Preiserhöhungen rechtzeitig schriftlich anzukündigen und zu begründen.

Der Haken: Die Erhöhungen gehen fast vollständig zu Lasten der Pflegebedürftigen, weil sich die Pflegekassen überwiegend mit festen Beträgen an den Pflegekosten beteiligen. Die Pflegebedürftigen müssen die übrigen Pflegekosten, die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie die Investitionskosten aus der eigenen Tasche bezahlen. Aufgrund steigender Preise und steigender Personalkosten ist ein Ende der Preissteigerungen nicht in Sicht. Heimbewohnende und Angehörige beschweren sich zudem darüber, dass die Preissteigerungen nicht mit einer Qualitätsverbesserung einhergehen.

„Eine umfassende Gesetzesänderung ist dringend erforderlich“, so Sabine Strüder, Fachbereichsleiterin Gesundheit und Pflege der Verbraucherzentrale. „Pflegebedürftige in Heimen benötigen eine deutliche finanzielle Unterstützung und Entlastung. Der bisher vorliegende Referentenentwurf des Gesetzes zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege (PUEG) ist nicht ausreichend.“ Dieser Entwurf sieht zwar vor, dass die Leistungszuschläge der Pflegekassen zwischen fünf und zehn Prozent angehoben werden. Diese werden aber durch die Entgelterhöhungen schnell aufgezehrt sein.

Die Verbraucherzentralen fordern daher ein Gesamtpaket, um die Eigenanteile zu reduzieren. Wichtig ist:

  • die Eigenanteile in der stationären Pflege angemessen und nachhaltig zu begrenzen, zumindest aber die Leistungssätze der Pflegekassen für vollstationäre Pflege rückwirkend ab 01. Januar 2023 um zehn Prozent anzuheben.
  • die Abschaffung der kompletten Ausbildungsumlage für Pflegebedürftige
  • die vollständige Finanzierung der medizinischen Behandlungspflege in stationären Einrichtungen durch die gesetzlichen Krankenkassen
  • die Übernahme der Investitionskosten durch die Bundesländer

„Darüber hinaus erscheint es politisch dringend geboten, den Zugang von reinen Finanzinvestoren auf den Pflegemarkt zurückzudrängen“, so Strüder.

Weiterführende Informationen rund um die Preiserhöhungen, die Leistungen der Pflegeversicherung bei vollstationärer Pflege und Sozialhilfeleistungen bei Pflegebedürftigkeit finden Interessierte auf der Internetseite der Verbraucherzentrale.   

VZ-RLP

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung wiedergibt.

Gefördert durch

Logo Ministerium Arbeit, Soziales, Arbeit, Transformation und Digitalisierung

Ratgeber-Tipps

Das Pflegegutachten
Der aktualisierte Ratgeber „Das Pflegegutachten“ der Verbraucherzentrale hilft, sich gut auf den wichtigen Termin mit…
Handbuch Pflege
Als pflegebedürftig gelten Menschen, die wegen einer Krankheit oder Behinderung für mindestens sechs Monate Hilfe im…
Grafische Darstellung einer Frau, die ungeduldig auf ihre Armbanduhr schaut. Rechts daneben befindet sich das Logo von Cleverbuy, darunter eine Grafik von einem Smartphone, von der ein roter Pfeil auf einen Stapel Euroscheine führt. Rechts daneben befindet sich ein großes, rotes Ausrufezeichen, in dem "Warnung" steht.

Warnung vor Cleverbuy: Auszahlung lässt auf sich warten

"Clever Technik kaufen und verkaufen" heißt es auf der Website der Ankaufplattform Cleverbuy. Gar nicht clever ist die oft lange Zeit, die verstreicht, bis Nutzer:innen ihr Geld für Smartphone und Co. ausgezahlt bekommen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) warnt daher vor dem Anbieter.
Besorgt dreinblickender Mann, der auf seine Kreditkarte schaut, während er mit seinem Mobiltelefon spricht.

Der vzbv stellt fest: Banken tun nicht genug gegen Kontobetrug

Opfer von Kontobetrug bleiben in vielen Fällen auf dem Schaden sitzen, denn: Banken werfen ihnen grobe Fahrlässigkeit vor. Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) müssten Banken jedoch mehr tun, um Verbraucher:innen zu schützen.

Ärger mit Strom-, Gas- und Fernwärmeverträgen

Viele Verbraucher:innen haben Preiserhöhungen für ihre Strom-, Gas- und Fernwärmeverträge oder die Kündigung erhalten. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen klagen gegen mehrere Unternehmen wegen rechtswidrigen Verhaltens.