Insekten essen?

Pressemitteilung vom
Marktcheck der Verbraucherzentralen deckt Regelungslücken und Kennzeichnungsmängel bei Produkten mit Speiseinsekten auf
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Ob als Zutat in Nudeln, Proteinriegeln, Müslis oder als gewürzte Snacks: Heuschrecken, Mehlwürmer und Co. tauchen zunehmend im Sortiment des Lebensmittelhandels auf. Es sind neuartige Lebensmittel, deren Zulassung in Europa noch aussteht. Derzeit gelten Übergangsregelungen. Die Verbraucherzentralen überprüften im März 2020 in einem Marktcheck 32 insektenhaltige Lebensmittel aus dem stationären Handel auf Nährwertangaben, Kennzeichnung der Zutaten und Werbeaussagen. Das Ergebnis: Die Allergenkennzeichnung ist lückenhaft. Es fehlen Hinweise, ob die Produkte bei der Herstellung erhitzt wurden. Teils wird mit unzulässigen nährwertbezogenen Angaben geworben. Einige Produkte sind stark zucker- oder salzhaltig und allesamt sind sie sehr teuer.

Sicherheitsbedenken bei fehlenden Verwendungshinweisen
„Insektenhaltige Lebensmittel können krankmachende Keime enthalten“, so Waltraud Fesser, Fachbereichsleiterin Lebensmittel und Ernährung der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. „Die eingesetzten Speiseinsekten sollten deshalb entweder erhitzt oder einem anderen Verfahren, wie einer Hochdruckbehandlung, unterzogen werden.“ Gesetzliche Vorgaben dafür gibt es bislang noch nicht. Bei fast 60 Prozent der im Marktcheck überprüften Produkte war nicht ersichtlich, ob die Speiseinsekten bei der Herstellung erhitzt oder anderweitig zur Keimabtötung behandelt worden waren. Die Verbraucherzentralen fordern die Hersteller daher auf, das Verfahren zur Keimabtötung zu kennzeichnen und gegebenenfalls auf ein notwendiges Erhitzen vor dem Verzehr hinzuweisen.

Kennzeichnung möglicher Allergene lückenhaft
Bei Allergien gegen Schalen- und Krustentiere, Hausstaubmilben und Weichtiere kann der Verzehr von Speiseinsekten eine allergische Reaktion auslösen. Derzeit ist eine entsprechende Allergenkennzeichnung nicht verpflichtend. Bei allen im Marktcheck untersuchten Lebensmitteln wurde auf eine mögliche allergische Reaktion bei bestehender Schalen- und Krustentierallergie hingewiesen. Dagegen fand sich lediglich bei 72 Prozent der Produkte ein entsprechender Hinweis für Hausstaubmilbenallergiker und nur knapp bei der Hälfte ein Hinweis für Weichtierallergiker. Bei einigen Insektensnacks waren Gluten und Soja als Allergene gekennzeichnet, was vermutlich auf die Fütterung der Insekten zurückzuführen ist, da der Darm üblicherweise mitverzehrt wird. "Menschen mit entsprechenden Allergien sollten beim Verzehr von Speiseinsekten vorsichtig sein,“ rät Fesser. „Ein verpflichtender Allergenhinweis ist nach Auffassung der Verbraucherzentralen unbedingt notwendig.“

Werbeangaben zum Teil fehlerhaft
Zwölf der überprüften Insektenprodukte trugen insgesamt 20 eindeutig unzulässige nährwertbezogene Angaben. So wurden beispielsweise zahlreiche Produkte als „reich an Protein“ beworben, obwohl der gesetzlich vorgeschriebene Mindestgehalt an Eiweiß nicht enthalten war. „Die Auslobung von Vitaminen und Mineralstoffen, deren tatsächlicher Gehalt dann aber nicht in der Nährwerttabelle aufgeführt wird, ist ebenso nicht erlaubt“, sagt Fesser. „Die Verbraucherzentralen fordern Hersteller auf, gesetzeskonform zu kennzeichnen. Die Lebensmittelüberwachung sollte insektenhaltige Lebensmittel stärker auf unzulässige Angaben kontrollieren und Kennzeichnungsmängel ahnden.“

Nutzen fraglich und teuer
Der Nutzen vieler der im Rahmen des Marktchecks geprüften insektenhaltigen Lebensmittel ist fraglich. Denn sie enthalten oft einen sehr geringen Insektenanteil, aber teils viele süßende Zutaten oder reichlich Salz. Zudem sind einige Insektenprodukte, allen voran die Snacks, viel zu teuer. „Bei dem in der Stichprobe erhobenen durchschnittlichen Preis von mehr als 43 Euro pro 100 Gramm werden insektenhaltige Lebensmittel auch weiterhin ein Nischendasein führen“ sagt Fesser.
Weitere Informationen zu dem Marktcheck gibt es auf der Internetseite der Verbraucherzentrale

VZ-RLP

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