Schlüsseldienst-Abzocke: Ende eines strafbaren Geschäftsmodells?

Pressemitteilung vom
Verbraucherzentrale begrüßt Rechtsprechung zur Strafbarkeit wegen Wuchers
Ein Handwerker öffnet eine zugefallene Tür.
  • Nach neuester Rechtsprechung wird das Ausgesperrtsein aus der Wohnung jetzt als Zwangslage definiert.
  • Die strafrechtliche Verfolgung unseriöser Schlüsseldienste wird dadurch vereinfacht.
  • Die Verbraucherzentrale begrüßt diese Rechtsprechung.
  • Wer in einer Notlage überhöhten Preisen ausgesetzt ist, sollte die Polizei einschalten und Anzeige erstatten.
Off

Mitte Januar endete ein Prozess, in dessen Verlauf der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt hat: Wenn Schlüsselnotdienste die Notsituation von Verbraucherinnen und Verbrauchern mit weit überzogenen Rechnungen ausnutzen, ist das Wucher. Die Verbraucherzentralen begrüßen dieses Urteil, denn es dürfte Signalwirkung haben und zumindest das Vorgehen gegen kriminelle Firmen vereinfachen.

Abzocke durch unseriöse Schlüsselnotdienste, die für eine einfache Türöffnung mehrere hundert oder gar tausend Euro abkassieren, ist seit Jahren ein Dauerärgernis bei den Verbraucherzentralen. Betroffene sollen bei dieser Masche um ein Vielfaches überhöhte Rechnungen sofort in bar oder per EC-Karte begleichen. Oft setzen Monteure sie vor Ort durch massives Auftreten unter Druck. Doch eine strafrechtliche Verurteilung der Täter wegen Wuchers war bislang rechtlich umstritten - zum Ärger von Betroffenen und Verbraucherschützern. Erst Mitte Januar 2021 endete ein Prozess, in dessen Verlauf der Bundesgerichtshof das Ausgesperrtsein aus der eigenen Wohnung als Zwangslage definierte und damit die Verfolgung der Täter in Zukunft vereinfacht hat.

„Damit der Tatbestand von Wucher erfüllt ist, sieht das Gesetz das Vorliegen einer sogenannten Zwangslage vor“, erklärt Julia Gerhards, Referentin Verbraucherrecht und Datenschutz bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Bislang haben nicht alle Gerichte allein das Ausgesperrtsein aus der eigenen Wohnung als eine solche Zwangslage anerkannt. Weitere Gründe mussten hinzukommen, wie etwa ein in der Wohnung zurückgelassener Säugling. Das ist nun anders: Der BGH hat ausdrücklich bestätigt, dass das Ausgesperrtsein eine Zwangslage darstellt. „Das wegweisende Urteil ordnet die Notsituation der Betroffenen endlich auch strafrechtlich richtig ein und schafft für Ermittlungsbehörden die Möglichkeit, effektiv gegen die kriminellen Schlüsselnotdienste vorzugehen“, fasst Gerhards die Bedeutung der Entscheidung zusammen.

Das Urteil geht auf ein Verfahren beim Landgericht Kleve (Az: 118 KLs 1/20, Urteil v. 14.01.2021.) zurück. Dort fand in den letzten Jahren ein Prozess gegen die Betreiber eines Schlüsselnotdienst-Netzwerks statt. Dieser führte Mitte Januar zu einer Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs, Steuerhinterziehung und Wuchers. Das Urteil verdeutlicht auch: Wer in einer Notsituation überhöhten Preisforderungen ausgesetzt ist, hat allen Grund, die Polizei einzuschalten.

Noch besser ist es selbstverständlich, wenn man erst gar nicht in die Lage kommt, an einen kriminellen Schlüsseldienst zu geraten. Die wichtigsten Tipps zur Vorsorge hat die Verbraucherzentrale hier zusammengefasst.

Individuelle Beratung bietet die Verbraucherzentrale zurzeit telefonisch, schriftlich oder per Video an. Eine vorherige Terminvereinbarung unter www.verbraucherzentrale-rlp.de/onlinetermine-rlp, telefonisch unter (06131) 28 48 0 oder per Email unter info@vz-rlp.de ist erforderlich. Die Rechtsberatung kostet 18 Euro.

VZ-RLP

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung wiedergibt.
Reichstagsgebäude in Berlin, Foto: Fotolia.de - niroworld

Bilanz des vzbv ein Jahr vor der Wahl: Ampel muss offene Projekte anpacken

Der Ampelkoalition bleibt nur noch ein Jahr Zeit, um verbraucherpolitische Vorhaben umzusetzen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) bewertet in seiner Regierungsbilanz die aktuellen Erfolge und zeigt auf, wo die Bundesregierung dringend aktiv werden muss.

Musterfeststellungsklage gegen Saalesparkasse

Die in Halle/Saale ansässige Saalesparkasse hat Prämiensparern nach Ansicht des vzbv jahrelang zu geringe Zinsen gezahlt. Dabei geht es häufig um Tausende von Euro. Der vzbv hat die Saalesparkasse verklagt, um den Sparern zu ihrem Recht zu verhelfen.

Inzwischen hat der Bundesgerichtshof (BGH) das abschließende Urteil gesprochen. Betroffene können sich auf erhebliche Nachzahlungen freuen.
Ein Lieferwagen für Heizöl steht vor einem Haus.

Warnung: Fakeshops locken mit günstigem Heizöl oder Brennholz

Zum Start der Heizsaison warnen wir vor mehreren betrügerischen Internetseiten. Ob eine Seite seriös ist, lässt sich kostenlos im Fakeshop-Finder der Verbraucherzentralen prüfen.