Mit Begrünung gegen Hitze: Fassaden-Begrünung verwandelt graue Wände in lebendige Ökosysteme. Darüber hinaus kühlen grüne Fassaden Städte und steigern im selben Atemzug die Wohnqualität. Wie das funktionieren kann, zeigt dieser Info-Artikel.
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Warum ist Begrünung ein Thema?
Globaler Klimawandel
Im globalen Mittel war 2024 das wärmste Jahr seit 1850. Erstmals lag die globale Durchschnittstemperatur 1,6 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau. Es war das wärmste jemals gemessene Jahr für alle kontinentalen Regionen mit Ausnahme von Australien und der Antarktis.
Die globalen Folgen sind extrem und beeinflussen sich gegenseitig: So führt die Erwärmung der Atmosphäre zu einer Erwärmung der Ozeane, was zu einem Schmelzen der Pole und des Gletschereises führt und die resultierende Erhöhung des Meeresspiegels bedroht dann die Küstenregionen. Und so geht es immer weiter und immer weiter, es gibt unzählige Wechselwirkungen zwischen der Atmosphäre, den Landflächen, den Eisflächen und den Ozeanen.
Und wenn man diese großräumigen Prozesse auf Rheinland-Pfalz und gar auf die eigene Stadt runterbricht, wie sieht es dann aus? Was wird sich in meinem Ort, in meinem Garten ändern?
Klimakrise bei uns in Rheinland-Pfalz – auf was müssen wir uns einstellen?
RLP gehört zu den Bundesländern, deren Erwärmung noch über dem Deutschlandmittel liegt. Die mittlere Temperatur in RLP hat schon um 1,8 C zugenommen, aber was sich viel deutlicher bemerkbar macht, ist die Zunahme der sommerlichen Höchsttemperaturen um im Mittel 2,1 °C.
Wie auch im deutschlandweiten Mittel haben die winterlichen Niederschläge (als Regen) auch in RLP zugenommen. Im Sommer ist im deutschlandweiten Mittel die Niederschlagsmenge seit vorindustrieller Zeit annähernd gleichgeblieben, aber die Verteilung hat sich geändert. Längere Trockenphasen haben zugenommen. Anders als deutschlandweit ist in RLP aber eine Abnahme der Sommerniederschläge zu verzeichnen. Wir müssen uns also auf heiße Sommer mit langen Dürreperioden und insgesamt weniger Regen einstellen.
Gefahr Hitze
Wenn von Extremwetter die Rede ist, denken die meisten an die Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021 mit 135 Toten. Ein Starkregenereignis mit katastrophalen Folgen. Sehr viel lautloser und medial nicht aufgearbeitet ist dagegen die hohe Sterblichkeitsrate durch Hitze und Dürre. In den Jahren von 2000 bis 2019 gab es in Deutschland 30.455 Todesfälle aufgrund von Hitze oder Dürre. Vor allem die Gruppen der sehr jungen oder alten Menschen sind hier bedroht.
Quelle: Prognos: Klimawandelfolgen
Der menschliche Körper kann sich nur durch Schwitzen kühlen, also ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr lebensnotwendig. Aber gerade ältere Menschen, deren Durstgefühl teilweise nicht mehr so ausgeprägt ist oder/und für die es problematisch ist, wenn keine Toilette in unmittelbarer Nähe verfügbar ist, sind hier gefährdet.
Die Themen Hitzeschutz zu Hause und im öffentlichen Raum sind schon jetzt hochaktuell und gewinnen in Zukunft zunehmend an Bedeutung.
Hitze sichtbar machen mit einem Klimarundgang
Hitze kann man nicht nur fühlen, sondern auch „sehen“. Jeder kennt das Flimmern der heißen Luft über einer Straße, die Hitze ist quasi zum Greifen nah. Aber das ist hier nicht gemeint.
Gemeint sind hier Rundgänge mit einer Wärmebildkamera (auch Infrarotkamera genannt). Diese Kamera ermöglicht es, Wärme sichtbar zu machen und damit das eigene Wohnumfeld bezüglich der Wärmebelastung besser kennenzulernen.
Zum Schutz vor Hitze ist es auf jeden Fall wichtig, direkte Sonneneinstrahlung möglichst zu verhindern. Dies kann durch Verschattung geschehen, wie hier durch eine Markise oder wie auf dem rechten Bild durch Vegetation, hier durch Bäume und Sträucher. Der Vorteil von Vegetation gegenüber anderen Verschattungen besteht darin, dass Bäume und Sträucher nicht nur das direkte Sonnenlicht abhalten, sondern darüber hinaus auch noch aktiv durch Verdunstung kühlen können.
Verdunstung – was ist das?
Verdunstung ist der Übergang von Wasser vom flüssigen zum gasförmigen Zustand. So trocknet z.B. die Wäsche auf einem Wäscheständer durch Verdunstung.
Der Vorgang des Verdunstens braucht Energie und diese wird der Umgebungsluft entzogen und damit wird es rund um den Ort der Verdunstung kühler.
Pflanzen als Hitzeschutz
Der Schatten von Pflanzen bietet also nicht nur Schutz vor direkter Sonnenstrahlung, sondern zudem auch Kühlung durch Verdunstung. Verdunstung dient den Pflanzen in erster Linie nicht zur Kühlung, sondern ist Teil ihres Stoffwechsels.
Wie stark die Kühlleistung der Pflanzen oder Bäume ist, hängt ganz wesentlich von der Blattmasse und der Wasserverfügbarkeit im Wurzelbereich ab. So sind beispielsweise ältere Bäume jüngeren Bäumen bei der Kühlleistung (Verdunstung) deutlich überlegen.
Aber nicht nur mit ihrer Kühlleistung federn Bäume die Folgen der Erderhitzung ab, sondern sie verzögern bei Starkregen mit ihrem Blätterdach den Wasserabfluss. Dies kann zu einer Entlastung der Kanäle beitragen.
Und auch hier sind alte Bäume ihren jungen Artgenossen aufgrund des ausgeprägteren Blätterdaches deutlich überlegen.
Alte Bäume lassen sich also nicht einfach durch mehrere jungen Bäume ersetzen.
Die Wirkung einer Fassaden- und/oder Dachbegrünung liegt zunächst darin, dass die Pflanzen die Fassade bzw. das Dach vor direkter Sonnenstrahlung abschirmen und damit das Aufheizen dieser Fläche reduzieren. Die verschatteten Flächen erwärmen sich nur noch durch die Umgebungsluft – und diese ist durch die Verdunstung der Pflanzen heruntergekühlt.
Begrünung hilft also auf zweifache Weise gegen ein Aufwärmen der Außenwände eines Hauses: durch direkte Verschattung und durch aktive Kühlung (Verdunstungskälte).
Ein weiteres positives Resultat der Begrünung ist eine Verbesserung des Mikroklimas, die Konzentration an CO2, Feinstaub und Luftschadstoffen ist reduziert. Dies hat vor allem in städtischen Gebieten, die allein schon durch den Autoverkehr eine deutlich erhöhte Schadstoffbelastung aufweisen, einen großen Effekt für die Anwohner.
Darüber hinaus bietet Begrünung einen gewissen Schutz vor Wind- und Regenweinwirkung und kann – sofern die Pflanzen ganzjährig belaubt sind – auch den Heizenergiebedarf senken.
Und - für unsere Natur ganz wesentlich - wird durch die Bepflanzung die Biodiversität gefördert.
Fassadenbegrünung
Wirkung von Verschattung und Begrünung
In dem Projekt „Grüne Stadt der Zukunft“ (*) wurden die Auswirkungen von Begrünung und Entsiegelung auf das Stadtklima unter vielfältigen Aspekten mit verschiedensten Methoden untersucht und simuliert. Die folgende Abbildung zeigt die Simulation der Oberflächentemperatur zweier Wohnblöcke an einem Hitzetag im Juli um 14 Uhr.
Die linke Abbildung zeigt die Oberflächentemperaturen eines mehrstöckigen Wohngebäudes, das teilweise verschattet ist. Jene Bereiche, die der direkten Sonnenstrahlung ausgesetzt sind, haben eine Oberflächentemperatur von 50 Grad Celsius. In verschatteten Bereichen liegen die Oberflächentemperaturen bei 34 bis 38 Grad Celsius, diese sind also um 12 bis 16 Grad Celsius kühler.
Auf der rechten Abbildung ist dasselbe Gebäude mit derselben Verschattung aber zusätzlicher Begrünung der Fassade dargestellt. Hier werden zwei Effekte deutlich: allein durch Begrünung (in nicht verschatteten Bereichen) wird die Oberflächentemperatur der Fassade um 14 Grad reduziert (von 50 auf 36 Grad Celsius). Die ohnehin schon durch Verschattung kühlen Abschnitte der Fassade werden durch die Begrünung um weitere 5 Grad Celsius abgekühlt.
Fazit:
Schattenwurf hat eine Kühlwirkung von bis zu 16 Grad Celsius
Begrünung hat eine Kühlwirkung von von bis zu 14 Grad Celsius
Schattenwurf plus Fassadenbegrünung hat eine Kühlwirkung von bis zu 21 Grad Celsius
Bei der wandgebundenen Fassadenbegrünung haben die Pflanzen keinen Bodenkontakt, sondern wachsen in Kästen oder Pflanztaschen. Dies ermöglicht eine großflächige gleichmäßige Begrünung, wobei auch die Auswahl an möglichen Pflanzen sehr groß ist. Da der Bewuchs keinen direkten Bodenkontakt hat, ist eine (automatische) Bewässerung notwendig. Weiterhin ist zu beachten, dass bei dieser Begrünung Fragen der Statik und des Brandschutzes relevant sein können und daher die Bauaufsicht mit in die Planung einbezogen werden sollte. Diese Art der Begrünung sollte immer durch eine Fachfirma durchgeführt werden.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die wandgebundene Bepflanzung eine horizontal und vertikal gleichmäßige Begrünung großer Flächen ermöglicht. Aufgrund der hohen Kosten und des hohen Wartungsaufwandes ist diese Begrünungsform aber eher für größere Wohngebäude und den innerstädtischen Bereich geeignet.
Bodengebundene Begrünung
Als bodengebunden wird Begrünung bezeichnet, wenn die Pflanzen im Boden wurzeln und entsprechend selten bzw. nur nach Bedarf bewässert werden müssen.
Es lassen sich zwei grundsätzlich unterschiedliche Bepflanzungsformen unterscheiden:
Selbstklimmer: Diese Pflanzen klettern als Direktbewuchs ohne Rankhilfe an der Wand hoch und sind damit die einfachste Form der Fassadenbegrünung. Die Investitionskosten sind gering und bauliche Maßnahmen müssen auch nicht ergriffen werden. Allerdings ist diese Form der Bepflanzung nur bei unempfindlichen Außenwänden ohne offene Fugen empfehlenswert. So wachsen die Triebe auch in Hohlräume, entwickeln sich dort weiter und können Fassadenbekleidungen oder Dächer hinterwachsen und entsprechend schädigen. Geeignete Pflanzenarten sind z.B. die Wurzelkletterer Efeu und Kletterhortensie, beide sind wuchsfreudig und eher unempfindlich, entwickeln aber Haftwurzeln, die sich nur schwer entfernen lassen (Kletterhortensie) oder nach dem Entfernen der Pflanzen „Fußabdrücke“ hinterlassen (Efeu).
Eine andere geeignete Pflanzengruppe sind die Haftscheibenranker, wie z.B. der Wilde Wein. Wie der Name schon sagt, haften die Pflanzen mit kleinen Scheiben an der Fassade. Wenn die Pflanze entfernt wird, verbleiben die Haftscheiben am Untergrund und sind schwer zu entfernen. Da sie sehr klein sind, sind sie nur auf sehr glattem und gleichmäßigem Untergrund sichtbar. Ansonsten ist der Wilde Wein sehr geeignet, um Fassaden großflächig zu begrünen. Im Gegensatz zu Efeu und Kletterhortensie braucht er viel Sonnenlicht und wächst daher nicht in Hohlräume.
Mit Rankhilfe: Um das Problem der Haftwurzeln bzw. deren Reste an der Fassade zu umgehen, können den Pflanzen auch Rankhilfen angeboten werden, an denen sie vor der Wand in die Höhe wachsen, ohne diese zu berühren.
Die Wahl der richtigen Rankhilfe ist entscheidend für ein gutes Wuchsergebnis. Zunächst sollte die Kletterhilfe aus rostfreiem Material sein und sich bei direkter Sonneneinstrahlung (und der ist die Rankhilfe bis zum erfolgreichen Bewuchs durchaus ausgesetzt) nicht zu stark erhitzen. Sonst können die Jungpflanzen Verbrennungsschäden davontragen.
Auch muss die Kletterhilfe zum Haus, vielmehr zum Wandaufbau passen, denn grundsätzlich ist eine Fassadenbegrünung auch bei vorgehängten Fassaden, Fachwerk, Holzbau oder bei gedämmten Wänden möglich. Es gibt für alle Fassaden entsprechende Halterungen, an denen die Rankhilfen befestigt werden können.
Der Abstand der Rankhilfen zur Wand muss in Abhängigkeit von der Fassade und der gewählten Bepflanzung angepasst werden. Da die Pflanzen (vor allem bei Nässe und bei Wind) ein erhebliches Gewicht erreichen können, muss auch die Statik mit in Betracht gezogen werden.
Beliebte Pflanzenarten für die Fassadenbegrünung mit Rankhilfe sind:
Blattranker (z.B. Waldrebe/Clematis)
Sprossranker (z.B. Echte Weinrebe)
Schlinger oder Winder (z.B. Blauregen, Geißblatt)
Spreizklimmer (z.B. Kletterrose, Brombeere)
Planung einer Fassadenbegrünung – Technische Aspekte
Im ersten Planungsschritt steht das Haus bzw. die zu begrünende Fassade im Fokus und folgende Fragestellungen tauchen auf:
Ist eine Genehmigung zur Begrünung erforderlich (Baurecht, Denkmalschutz)?
Wie sind die baulichen Voraussetzungen? Lässt die Statik eine Begrünung zu?
Analyse des Wandaufbaus – bestimmt die Halterung der Rankhilfe und eventuell auch die Pflanzenart
Gibt es Schäden/Risse an der Fassade?
Gibt es Sanierungsbedarf in naher Zukunft?
Ist die Oberfläche bzw. der Anstrich pflanzenverträglich?
Gibt es ausreichend Wurzelraum oder sind Leitungen im Weg?
Je nach individuellen örtlichen Gegebenheiten müssen eventuell noch weitere Faktoren mit in die Planung einbezogen werden.
Planung einer Fassadenbegrünung – Kriterien der Pflanzenauswahl
Der technischen Eigenschaften der Fassade grenzen die möglichen Bepflanzungsformen (ohne/mit Rankhilfe) und damit auch die Anzahl geeigneter Pflanzen ein.
Welcher dieser möglichen Pflanzen dann an der entsprechenden Fassade wirklich gut gedeiht, ist in erster Linie eine Frage des Standorts.
Wie ist die Ausrichtung der Wandfläche?
Wie ist die Exposition für Wind und Regen?
Ist die Fläche verschattet?
Wie sind die Bodenverhältnisse?
Aus den technischen Voraussetzungen (wie ist die Fassade?) und aus den Standorteigenschaften (welche Pflanzen können an der Fassade gedeihen?) resultiert eine mehr oder weniger große Anzahl geeigneter Pflanzen. Welche Pflanze aus diesem Pool dann zur Begrünung ausgewählt wird, hängt dann von den Bedürfnissen und dem Geschmack des Planers bzw. des Eigentümers des Hauses ab.
So stellt sich die Frage, ob die Pflanzen immergrün oder laubabwerfend sein sollen. Für immergrün spricht, dass die Bepflanzung dann im Winter eine gewisse Dämmwirkung gegen Kälte haben kann. Aber auch die Fragen, wie hoch und wie stark/dicht der Pflanzenbewuchs sein soll, welche Blatt- und Blütenfarbe und welche Blattgröße gewünscht ist, wieviel Zeit für Pflegemaßnahmen eingeplant werden kann und schließlich auch die Frage nach dem Wasserbedarf der Pflanzen, wollen beantwortet werden.
Dachbegrünung
Wie bei der Begrünung von Fassaden kühlt eine Dachbegrünung durch Verschattung und Verdunstung, bindet Staub- und Luftschadstoffe und liefert einen wesentlichen Beitrag zur Biodiversität.
Zudem erhöht die Begrünung die Dämmwirkung des Daches durch den zusätzlichen Aufbau und wirkt bei Niederschlag wie ein Schwamm. Ein Teil des Niederschlagswassers wird gespeichert und steht der Bepflanzung zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung, der überschüssige Anteil des Niederschlagswassers wird zeitverzögert über die Fallrohre in die Kanäle abgeleitet.
Zwei grundlegende Formen der Dachbegrünung sind zu unterscheiden
Die extensive (linkes Bild) und die intensive (rechtes Bild) Dachbegrünung unterscheiden sich ganz offensichtlich.
Bei der extensiven Dachbegrünung handelt es sich um eine relativ einfache Maßnahme, bei der das Dach mit trockenresistenten, kleinbleibenden und flachwurzelnden Pflanzen besetzt wird. Der Vorteil dieser Begrünungsform ist ein eher geringer Pflegeaufwand, grundsätzlich ist keine künstliche Bewässerung vorgesehen. Infolge der immer heißeren und niederschlagsärmeren Sommer muss inzwischen aber auch bei der Planung eines extensiv begrünten Daches mitgedacht werden, dass in Dürreperioden eine Schlauchbewässerung nötig sein wird.
Bei einer empfohlenen Substratdicke von 7 – 10 cm bei einem Besatz mit Kräutern und Steingartenpflanzen und einer Substratdicke zwischen 15 und 20 cm für Gräser und höhere Blütenpflanzen ist davon auszugehen, dass das Substrat relativ schnell austrocknet. In diesem Fall, bzw. schon früher, wenn die Wasserverfügbarkeit für die Pflanzen zu gering ist, werden diese die Verdunstung einstellen oder schlimmstenfalls vertrocknen bzw. absterben. Ab diesem Moment verliert das Dach seine kühlende Wirkung, da nicht nur die Verdunstungskühlung wegfällt, sondern die vertrockneten bzw. sehr trockenen Pflanzen aufgrund ihrer nun geringen Oberfläche die Dachfläche nicht mehr verschatten. Ein vertrocknetes Gründach ist nicht nur ohne Kühlwirkung, sondern kann nach je nach Substratfarbe richtig heiß werden. Da Pflanzsubstrate oft bräunlich bis schwarz sind, absorbieren sie die Sonnenstrahlung gut und heizen sich entsprechend auf. In diesem Fall wird die Dachoberfläche deutlich heißer, als sie es z.B. bei einer Bedeckung mit weißen Kieselsteinen wäre.
Eine extensive Dachbegrünung ist auf Flachdächern und auf Steildächern bis 35 Grad möglich, wobei mit zunehmender Steigung der Unterbau immer aufwendiger wird.
Der Pflegeaufwand ist nicht sehr groß, zwei bis viermal im Jahr sollte das Dach begangen werden, um es auf Undichtigkeiten zu überprüfen und Sämlinge umliegender Bäume und Sträucher zu entfernen. Sollten sich „Fremd“-Pflanzen auf dem Dach ausbreiten, so besteht die Gefahr, dass diese mit ihren Wurzeln die Abdichtungen zerstören oder/und ein Gewicht erreichen, dem die Statik des Daches nicht standhält.
Wer grundsätzlich gerne mehr Grün um sich haben möchte, sich aber noch nicht sicher ist, ob eine Dachbegrünung bei seinem Hausdach funktioniert, der kann sich z.B. zunächst bei der Bepflanzung seines Garagen- oder Carportdaches versuchen. Oder im ganz kleinen Maßstab mit der Begrünung seine Mülltonnenverkleidung beginnen. Jedes bisschen Grün ist wichtig, es kühlt seine direkte Umgebung und hilft die biologische Vielfalt im menschlichen Umfeld zu verbessern.
Intensive Dachbegrünung schafft naturnahen Lebensraum im städtischen Umfeld und ermöglicht auch den Anbau von Lebensmitteln (Urban Gardening). Es handelt sich quasi um einen Garten auf dem Dach und im Normalfall steht die Nutzung des Daches im Vordergrund, die Aspekte Kühl- und Schwammwirkung stehen nicht unbedingt im Fokus. Aufgrund des intensiven Bewuchses ist die Kühlleistung aber stark und zusammen mit dem Substrat/Erde ergibt sich eine große Masse, die schwammähnlich Niederschlagswasser auffängt, speichert und teilweise zeitverzögert in den Kanal abgibt.
Geeignet sind Flachdächer bis zu einer Neigung von 5 Grad, wobei eine leichte Neigung den Vorteil hat, dass Stauwasserbildung verhindert oder zumindest abgeschwächt wird.
Bei einer Substratdicke von mindestens 25 cm und dichtem Bewuchs, kann das Gewicht für den wassergesättigten Fall bis zu 1.200kg/qm erreichen, sollten auch noch Bäume auf der Fläche stehen, so steigt das Gewicht auf bis zu 3.100 kg/qm. Diese Angaben sind nur als grobe Richtwerte zu verstehen, im individuellen Fall kann das Gewicht z.B. durch Gewächshäuser etc. noch deutlich höher sein. Bei Neubauten kann die Dachlast für ein Gründach (inklusive Schneelast) mitberücksichtigt werden, bei Bestandsgebäuden ist eine Nachrüstung in der Regel möglich. Hier ist ein statischer Nachweis wegen des zusätzlichen Gewichtes erforderlich.
Auch der technische Aufwand ist bei einer intensiven Dachbegrünung hoch, so sind eine automatische Bewässerung, eine Drainage und auch eine Entwässerung notwendig.
Die Planung und Durchführung einer intensiven Dachbegrünung kann nur mit einer entsprechenden Fachfirma durchgeführt werden, trotzdem hier ein paar Eckdaten:
Die Begrünung ist geeignet für ein- und zweischalige und ungedämmte und gedämmte Dachaufbauten
Die tragenden Bauteile müssen aus rostfreiem Material sein (Korrosionsschutz).
Die Gesamtkonstruktion inklusive Bepflanzung muss gegen Winddruck/Windsog gesichert sein.
Entweder gibt es ein Gefälle oder es muss mit einer Entwässerung dafür gesorgt werden, dass Wasser fließen kann.
Es müssen Notüberläufe vorhanden sein, eventuell auch in zusätzliche Wasserspeicher.
Die Dachfläche muss gut Zugänglichkeit sein.
Für die Nutzung bzw. Wartungs- und Pflegearbeiten muss es Absturzsicherungen oder Seilhaltungen geben.
Bei einer einschichtigen Begrünung wird das Pflanzsubstrat direkt auf die Schutzschicht gegeben, was die Kosten reduziert. Diese Bepflanzungsform ist nur bei einer extensiven Begrünung möglich.
Allerdings hat sich auch bei der extensiven Bepflanzung eine Mehrschichtbegrünung, wie sie bei der intensiven Dachbepflanzung zwingend ist, durchgesetzt. Hier befindet sich zwischen der Schutzschicht und dem Substrat eine Drainageschicht mit überliegender Filterschicht. Der Vorteil dieser Begrünung liegt darin, dass die Drainageschicht einerseits Staunässe verhindert und andererseits als Wasserspeicher dient.
Hier kann im Grunde alles gepflanzt werden, was auch in einem Garten wächst. Rasen, Kräuterwiesen, Hecken, Hochbeete, trockenheitsverträgliche Stauden (u. a. Sedum, Gräser, Kräuter, Zwiebel- und Knollengewächse), Sträucher, Gehölze, Ölweiden bis hin zu Gewächshäusern, wenn dies statisch möglich ist.
Dachbegrünung und PV
In Städten gibt es einerseits auf vielen Dächern PV-Anlagen, andererseits ist es gerade in Städten besonders warm, so dass eine Dachbegrünung sinnvoll wäre. Diese Konkurrenzsituation zwischen Begrünung und PV-Anlagen lässt sich auflösen, da Bepflanzung und PV nebeneinander durchaus positive Wechselwirkungen haben.
Ab einer Modultemperatur von etwa 25 Grad Celsius nimmt die Leistung von PV-Modulen ab, so dass eine Kombination mit kühlender Vegetation auf einem PV-Dach durchaus sinnvoll sein kann. Andersherum können auch die Pflanzen von der Verschattung durch die PV-Module profitieren. Zudem erhöht sich auch die Biodiversität durch besonnte und verschattete Dachbereiche.
Für eine passende Kombination von PV-Modulen und Vegetation (extensive Begrünung) sollte eine Fachfirma hinzugezogen werden, hier ein paar grundlegende Gedanken zu dem Thema:
Der Abstand der PV-Module zur Substratoberkante sollte mindestens 40 cm betragen, um den Pflanzen ausreichend Platz zu gewähren.
Auch sollte auf ausreichend Freiraum zwischen den PV-Modulen geachtet werden, so dass die Pflanzen genügend für Licht und Wasser bekommen.
Es sollten Pflanzen mit begrenzter Wuchshöhe gewählt werden, um eine flächige Verschattung der PV-Module zu verhindern. (Einzelne Halme haben quasi keine Auswirkung auf den Ertrag der PV-Module)
Im Zuge der immer schneller voranschreitenden Erderhitzung wird es immer längere und heißere Dürrephasen bei uns geben. Dies hat fatale Folgen für das ökologische Gleichgewicht und letztendlich auch für uns Menschen. Ein Aspekt dabei ist das Trinkwasser: unser Trinkwasser wird zu einem großen Anteil aus dem Grundwasser entnommen und Grundwasser ist schon jetzt in vielen Regionen, auch bei uns in Rheinland-Pfalz, knapp bzw. es wird mehr Wasser entnommen, als sich durch Versickerung von Oberflächenwasser neu bildet. Regenwasser ist also viel zu wertvoll für den Kanal und sollte - wo immer möglich – versickern. Und hier können wir als Bürger:innen mit eigenem Grundstück einen wichtigen Beitrag leisten, indem wir möglichst viel Fläche begrünen und die Versiegelung auf das Notwendigste begrenzen. Wir unterstützen damit nicht nur die Grundwasserneubildung, sondern fördern das ökologische Gleichgewicht, schaffen Lebensräume und Nahrung für Insekten, Vögel und andere Tiere und schaffen uns damit eine kühle Oase in Zeiten sommerlicher Hitze.
Damit die Bepflanzung auch wirklich der Biodiversität dient und das ökologische Gleichgewicht fördert, gibt es einige Regeln zu beachten:
So sollten möglichst einheimische Pflanzen genutzt werden, um die lokale Flora und Fauna zu fördern. Da die Vegetation zukünftig mit höheren Temperaturen und gleichzeitig längeren Trockenphasen zurechtkommen muss, ist das Angebot an heimischen Pflanzen allerdings nicht sehr groß. Bisher haben nur wenige Standorte trockenresistente Pflanzen erfordert.
Die Auswahl lässt sich einschränken, indem
Keine sterilen Pflanzen, wie z.B. Forsythie
Keine (potenziell) invasive Pflanzen, wie Kirschlorbeer, Sommerflieder, kanadische Goldrute usw.
Keine Thuja und andere Koniferen ohne biologischen Nutzen
gewählt werden.
Sterile Pflanzen wie z.B. Forsythien haben keinen ökologischen Nutzen, da sie weder Pollen noch Nektar für bestäubende Insekten wie Bienen liefern.
Invasive Pflanzen verdrängen einheimische Arten und stören damit das ökologische Gleichgewicht empfindlich. So breitet sich z.B. der Kirschlorbeer in vielen Teilen Europas unkontrolliert aus, vor allem im Wald beeinträchtigt er die Artenvielfalt enorm, unter seinem dichten Wuchs gedeihen keine Bodenpflanzen mehr.
In der Schweiz dürfen seit September 2024 Kirschlorbeer, Sommerflieder und andere invasive Pflanzen nicht mehr verkauft werden.
Es gibt viele nicht so trockenempfindliche
Stauden: z.B. Wollziest, Lavendel, Schafgarbe, Spornblume, Leinkraut
bzw. Sträucher: z.B.: Blauraute (Halbstrauch), Hibiskus, Flieder, Ginster,
die empfehlenswert sind. Dies ist nur eine sehr kleine Auswahl, ein guter Gartenfachhandel kann zur standortspezifischen Auswahl ökologisch sinnvoller Pflanzen weitreichender beraten.
Hier lassen sich für jeden Geschmack eine Vielzahl von Pflanzen für einen naturnahen und schönen Garten mit hohem Erholungswert finden.