Lutein-haltige Produkte versprechen oft zu viel und können unerwünschte Wirkungen haben.
Was steckt hinter der Werbung zu Lutein?
In Zeitschriften und auf Internetseiten wird häufig suggeriert, dass sich die Einnahme von Lutein positiv auf die Augengesundheit auswirkt. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hält die bisherige Studienlage dazu jedoch nicht für beweiskräftig genug. Somit sind krankheitsbezogene Werbeaussagen in Bezug auf die Verbesserung der Sehkraft für Lutein nicht zugelassen. Ein Antrag für NWT-02, ein Wirkstoffpräparat mit Lutein, Zeaxanthin und Docosahexaensäure (DHA) in Eidotter, wurde 2017 abgelehnt. Für Lutein sind laut Health-Claims-Verordnung derzeit überhaupt keine gesundheitsbezogenen Angaben zugelassen.
Reine Lutein-Präparate dürften somit nicht mit solchen oder ähnlichen Aussagen werben. Um Lutein nun als Mittel zum Erhalt einer normalen Sehkraft und zum Augenschutz verkaufen zu können, haben Hersteller ihre Strategie geändert und setzen Produkten zusätzlich Vitamin A, Zink oder Omega-3-Fettsäuren (Docosahexaensäuren, DHA) zu, für die bestimmte, auf die Augengesundheit bezogene Werbeaussagen zulässig sind. Die Produkte können so den Anschein erwecken, als bezögen sich diese Aussagen auf Lutein, auch wenn diese für Vitamine oder Mineralstoffe gelten.
Lutein gegen Makuladegeneration (AMD)?
Am Markt befindliche Produkte werden gern damit beworben, Abhilfe bei Augenerkrankungen, insbesondere bei der altersbedingten Makuladegeneration (AMD; allmählicher Verlust des zentralen Sehens, der bis zur Erblindung führen kann), zu schaffen. Dabei gilt: Es ist verboten Lebensmitteln eine vorbeugende oder heilende Wirkung gegen Krankheiten zuzuschreiben. Einzig und allein Arzneimittel werden in Bezug auf ihre Zusammensetzung, Verträglichkeit und Wirknachweis im Rahmen eines Zulassungsverfahrens geprüft und sind dazu bestimmt Krankheiten zu heilen.
Die sogenannte trockene AMD ist in der westlichen Welt die Hauptursache schwerer Sehbehinderung bei Menschen über 60 Jahren und der häufigste Auslöser für Erblindung. Da es bis heute kaum zugelassene und erfolgversprechende Therapien oder Heilungsmöglichkeiten gibt, setzen viele Betroffene Hoffnung in die Produkte und Versprechen der Hersteller. Allerdings werden auch bestimmten AMD-Patienten luteinhaltige Nahrungsergänzungsmittel auch von Ärzten empfohlen. Aber auch die Einnahme von Lutein kann eine AMD nicht heilen. Lediglich die Verlangsamung bei bestimmten Krankheitsbildern der AMD ist bei einer langfristigen Einnahme festgelegter Vitamin-Mineralstoff-Kombinationen mit Lutein und Zeaxanthin (AREDS2-Rezeptur) beschrieben.
Dies ist allerdings davon abhängig, in ob es sich um eine feuchte oder trockene Makuladegeneration handelt und in welchem Stadium (früh, fortgeschritten, spät) sich die AMD befindet. Das können einzig und allein die behandelnden Augenärzte feststellen. Daher sollten Sie die Einnahme hoch dosierter Substanzen mit Ihrem Arzt besprechen, um Risiken und Nutzen gegeneinander abwägen zu lassen. Denn die langfristige Aufnahme einzelner Nährstoffe kann Nachteile mit sich bringen.
So ist bekannt, dass es bei einer langfristigen hoch dosierten Einnahme von Zink, wie sie bei Produkten mit der AREDS- und AREDS2-Rezeptur erfolgt zu Nebenwirkungen kommen kann (Dosierung beträgt das Dreifache der tolerierbaren täglichen chronischen Aufnahmemenge; EFSA). Beispielsweise können sich Blutkörperchen verändern oder die Kupferbilanz im Körper beeinflusst werden. Sollten Sie sich also für die Verwendung eines solchen Präparates entscheiden, lassen Sie die Einnahme unbedingt kontinuierlich vom Augenarzt und/oder Hausarzt begleiten.
Neben Nahrungsergänzungsmitteln finden sich auch "Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke" (ergänzende bilanzierte Diäten) die Lutein enthalten. Nach Auffassung des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sowie des Bundesamts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sind diese Produkte seit Einführung der EU-Verordnung (VO (EU) Nr. 609/2013) im Jahre 2016 im Handel rechtswidrig. Die Verbraucherzentralen teilen diese Auffassung ausdrücklich und auch immer mehr deutsche Gerichte vertreten dies. So urteilte das OLG Karlsruhe, dass eine bilanzierte Diät nur vorliege, wenn das Produkt dazu bestimmt ist, ein medizinisch-bedingtes Nährstoffdefizit auszugleichen. Es reiche demnach nicht aus, wenn Personen aus der Aufnahme von Nährstoffen einen besonderen Nutzen ziehen können. Diese Rechtsauffassung berührt die Verkehrsfähigkeit von Nahrungsergänzungsmitteln mit Lutein allerdings nicht.
Worauf sollte ich bei der Verwendung Lutein-haltiger Nahrungsergänzungsmittel achten?
Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde äußert keine Sicherheitsbedenken gegenüber dem Einsatz von Lutein in Nahrungsergänzungsmitteln, solange die eingesetzte Menge im Bereich der mit der Nahrung üblicherweise aufgenommenen Menge liegt. Unklar ist allerdings, welche Mechanismen durch die isolierte Gabe von Lutein im gesamten Carotinoid-Stoffwechsel ausgelöst werden. Carotinoide beeinflussen sich wechselseitig in ihrer Verfügbarkeit, so behindert Lutein die Aufnahme von Beta-Carotin und umgekehrt.
Außerdem kann es bei der Verwendung von Lutein-haltigen Kombipräparaten mit Beta-Carotin zu unerwünschten Wirkungen wie gelben Verfärbungen der Haut und Magen-Darm-Beschwerden kommen. Insbesondere bei Raucher:innen - auch ehemaligen - kann die zusätzliche Einnahme von Beta-Carotin Untersuchungen zufolge das Lungenkrebsrisiko erhöhen. Weitere sehr seltene, aber mögliche Nebenwirkungen sind Nierensteine, Magenbeschwerden und Hautverfärbungen.
Zudem sind Wechselwirkungen mit zusätzlich eingenommenen Medikamenten ebenfalls nicht auszuschließen. Bevor Sie Lutein-haltige Präparate zu sich nehmen, ist eine ärztliche Absprache unserer Auffassung nach zwingend erforderlich. Auch die ophthalmologische Gesellschaft empfiehlt diese Nahrungsergänzungsmittel nur in ausgewählten Stadien und warnt ausdrücklich vor Selbstmedikationen.
Was ist Lutein?
Lutein gehört zu den Carotinoiden, also zur Gruppe der fettlöslichen Pflanzenfarbstoffe und ist als Lebensmittelzusatzstoff mit der Nummer E161b zugelassen. So darf Lutein zum Färben von Schmelzkäse, Konfitüren und Gelees, vegetarischen Brotaufstrichen und Produkten aus Fisch und Krebstieren verwendet werden. Zusammen mit Zeaxanthin ist Lutein das einzige Carotinoid an der Stelle des schärfsten Sehens im menschlichen Auge (Makula).
In der Natur kommt es meist zusammen mit anderen Carotinoiden vor. Lutein ist vor allem in grünem Gemüse wie Spinat, Grünkohl, Brokkoli, Paprika und Erbsen, aber auch in Mais enthalten. Ebenfalls können Sie Lutein über verschiedene Obstsorten wie Nektarine, Pfirsich, Aprikose und Orange aufnehmen. Eine weitere gute Quelle stellt Hühnereidotter dar. Für Nahrungsergänzungsmittel hingegen werden Extrakte aus Blütenblättern von Tagetes (Studentenblume) verwendet.
Lutein ist relativ hitzestabil. Untersuchungen haben ergeben, dass auch nach 15 Minuten Kochzeit noch ausreichend Lutein in den Lebensmitteln enthalten ist. Es wird durch Kochen sogar noch besser für den Körper verfügbar gemacht. Die Bioverfügbarkeit ist auch vom Fettgehalt der Mahlzeit abhängig. Fett fördert, Ballaststoffe hemmen die Lutein-Aufnahme.