Wann muss der Händler Schadenersatz leisten?
Entspricht die Beschaffenheit der Ware nicht den Erwartungen, können Sie neben Minderung oder Rücktritt auch Schadenersatz geltend machen. Aber nur, wenn der Verkäufer den Mangel zu vertreten hat. Er muss sich im Zweifel entlasten, wenn er nicht haften will. Hat er falsche Angaben gemacht, liegt in der Regel ein Verschulden auf der Hand:
Gibt er beispielsweise beim Verkauf eines Gebrauchtwagens eine Laufleistung von 50.000 Kilometern an, während das Fahrzeug tatsächlich schon 100.000 Kilometer auf dem Buckel hat, so können Sie nicht nur die Erstattung des Kaufpreises verlangen. Ihnen stehen alle Kosten für An- und Abmeldung des Wagens, für die Fahrtkosten zur Zulassungsstelle wie für den Gutachter zu, der den tatsächlichen Kilometerstand festgestellt hat.
Schadenersatz muss ein Verkäufer also leisten, wenn der erworbene Gegenstand einen Mangel aufweist und er dies zu vertreten hat.
Gut zu wissen: Besondere Rechte gibt es bei Bestellungen, die nur für einen bestimmten Termin benötigt werden. Wer vergeblich auf das Brautkleid oder eine Geburtstagstorte wartet, braucht nicht mal eine Frist zu setzen, um "Schadenersatz wegen Nichterfüllung" vom Verkäufer zu verlangen.
Welche Gewährleistungsfristen muss ich beachten?
Ihre Gewährleistungsrechte gelten nicht unbegrenzt. Sie stehen Ihnen innerhalb von zwei Jahren nach Übergabe oder Erhalt des Produkts zu. Ausnahme: Der Verkäufer hat einen Mangel nachweisbar arglistig verschwiegen. Dann haben Sie noch drei Jahre ab Kenntnis dieser Umstände einen Anspruch. Bei gebrauchter Ware kann der Verkäufer diesen Zeitraum auf ein Jahr begrenzen, z.B. durch Allgemeine Geschäftsbedingungen oder individuelle Absprachen bei Vertragsschluss.
Als Käufer:in müssen Sie Mängel innerhalb der Gewährleistungsfrist geltend machen. Zeigt sich ein Mangel erst kurz vor Ablauf der Frist, ist es wichtig, dass Sie verhindern, dass die Verjährung eintritt.
Sie haben zwei wesentliche Möglichkeiten.
- Sie können mit dem Verkäufer in Verhandlungen darüber treten, ob dieser den Mangel akzeptiert und beseitigen will. Die bloße Aufforderung, den Mangel zu beseitigen, reicht jedoch nicht aus. Der Verkäufer muss vielmehr erkennen lassen, dass er sich nicht auf die Verjährung berufen will. Überprüft er zum Beispiel die Ware auf einen Mangel, wird die "Verjährungsuhr" angehalten. Die Verjährung tritt dann frühestens drei Monate nach dem Ende der Verhandlungen ein, d.h. nachdem er die geprüfte Ware an Sie zurückgegeben hat.
- Sie können auch Klage erheben oder eine Gütestelle anrufen, die außergerichtliche Streitbeilegung betreibt. In diesem Fall ist wichtig, dass die Gütestelle eventuell noch rechtzeitig die Zustimmung des Antragsgegners einholen muss.
Für Verträge, die ab dem 1. Januar 2022 geschlossen werden, gilt zusätzlich:
- Zeigt sich der Mangel innerhalb der Verjährungsfrist?
Dann beginnt die Verjährung nicht vor Ablauf von vier Monaten, nachdem sich der Mangel erstmals gezeigt hat. - Haben Sie die Ware zur Nacherfüllung an den Händler oder einen Dritten übergeben?
Dann beginnt die Verjährung nicht vor Ablauf von zwei Monaten, nachdem Sie die Ware zurückbekommen haben.
Das Procedere lässt sich vermeiden, wenn der Verkäufer schriftlich auf die "Einrede der Verjährung" verzichtet.
Was mache ich, wenn der Verkäufer behauptet, dass ein Mangel nicht von Anfang an vorlag und ich dafür verantwortlich sei?
Das hängt davon ab, wann der Mangel zutage trat.
Achtung: Für Kaufverträge, die Sie nach dem 1. Januar 2022 abschließen, wird die 6-monatige Frist auf 12 Monate verlängert (§ 477 BGB).
- Ereignete sich der Mangel in den ersten 6 Monaten nach Übergabe der Ware? Bzw. in den ersten 12 Monaten für Verträge ab dem 1. Januar 2022?
Dann vermutet der Gesetzgeber, dass der Mangel schon beim Kauf vorhanden war. Sie brauchen dann nicht zu beweisen, dass beispielsweise die Couch oder der Computer zum Zeitpunkt der Übergabe bereits einen Mangel hatte oder in der Funktion beeinträchtigt war. Das sagen Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).
In den ersten sechs Monaten ist der Verkäufer in der Beweispflicht. Für Verträge ab dem 1. Januar 2022 ist der Verkäufer sogar in den ersten 12 Monaten in der Beweispflicht. Er muss widerlegen, dass der Gegenstand bereits beim Kauf bzw. bei der Übergabe mangelhaft war. Das heißt, er muss nachweisen, dass ein Sachmangel deshalb aufgetreten ist, weil Sie etwas gemacht oder nicht gemacht haben.
- Ereignete sich der Mangel nach Ablauf der ersten sechs Monate bis zwei Jahre nach Übergabe der Sache? Bzw. für Verträge ab dem 1. Januar 2022 nach Ablauf von 12 Monaten bis zwei Jahre nach Übergabe der Sache?
Dann müssen Sie als Käufer:in beweisen, dass ein Mangel von Anfang an vorlag.
Innerhalb welcher Frist Sie sich befinden und wie Sie bei der Gewährleistung vorgehen sollten, erfahren Sie auch direkt im Umtausch-Check.
Wenn sich beide darüber einig sind, dass der Mangel von Anfang an bestand, brauchen Sie übrigens keine Beweise. Sie sollten also bei Mängeln auf jeden Fall erst einmal Reparatur oder Neulieferung verlangen. Im Umtausch-Check finden Sie den passenden Musterbrief für Ihr Anliegen.
Zusicherungen des Händlers schriftlich geben lassen
Auch nach Ablauf der 6 Monate, bzw. ab dem 1. Januar 2022 nach Ablauf der 12 Monate, nach dem Kauf sollte es nach Ansicht der Verbraucherzentralen ausreichen, darzulegen, dass Sie das Gerät ordnungsgemäß genutzt und damit den Mangel nicht verursacht haben. Das ist leider nicht immer der Fall. Oft kommt es vor, dass Händler die Gewährleistung mit dem Hinweis ablehnen, Sie müssten den Mangel nachweisen. Das können Sie oftmals nur mit dem Gutachten eines Sachverständigen.
Um vor Gericht bestehen zu können, sollten Sie sich alle Zusicherungen des Händlers schriftlich geben lassen. Weigert er sich, ist Vorsicht geboten. Nehmen Sie zu den Verhandlungen Zeugen mit! Zahlungen sollten Sie sich stets quittieren lassen. Doch auch der Verkäufer kann verlangen, dass Sie ihm den Empfang der Ware bestätigen.
Wer haftet für Sachmängel bei Verschleißteilen?
Das Gesetz kennt keine "Verschleißteile". Ob der Verkäufer für den Mangel an einer Ware haften muss, hängt einzig und allein davon ab, ob ein Sachmangel vorliegt und ob dieser Fehler oder Defekt schon existiert hat oder im Keim bereits angelegt war, als Ihnen das Produkt übergeben wurde.
Beispiel: Sie haben ein neues Auto. Schon nach wenigen tausend Kilometern platzt ein Reifen, weil die Mischung des Gummis unsauber ist. Erst das Rollen des Pneus auf der Straße hat diesen vorher nicht erkennbaren Fehler zum Vorschein gebracht. In diesem Fall haftet der Verkäufer für den Mangel, weil er bereits da war, als er das Auto verkauft hat.
Für die normale Abnutzung von Verschleißteilen muss der Verkäufer jedoch nicht aufkommen. Das kann zu Streit führen, da die Abgrenzung zwischen "Verschleiß" und einem Sachmangel oft nicht leicht zu erkennen ist.
Freiwillige Garantien
Garantien räumt der Hersteller einer Ware in der Regel freiwillig ein, vor allem bei technischen Geräten. Gelegentlich tun dies auch Händler. Neben der gesetzlichen Gewährleistung können Sie sich dann auch auf die Garantie berufen. Der Hersteller ist in der Ausgestaltung einer Garantie frei. Auf Ihren Wunsch muss er Ihnen eine Garantieurkunde in Textform aushändigen.
Für Verträge nach dem 1. Januar 2022 muss der Unternehmer die Garantieerklärung spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellen. Darin muss er die exakten Garantiebedingungen aufführen. Dazu gehören:
- Angaben zum Garantiegeber,
- Dauer und Inhalt der Garantie,
- der Hinweis, dass sich Ihre Gewährleistungsrechte dadurch nicht einschränken,
- die Vorgehensweise, an die Sie sich als Käufer halten müssen.
Schauen Sie bei der Lektüre genau hin: Häufig beschränken Produzenten ihre Garantien auf vielfältige Weise. Oft betreffen sie nur bestimmte Teile oder Eigenschaften eines Artikels, zum Beispiel das Laufwerk des Computers oder die Durchrostung der Autokarosserie. Üblich ist es auch, dass bei einem Mangel nur Ersatzteile von der Garantie abgedeckt sind. Den Lohn für den Einbau der Teile müssen Sie selbst zahlen. Andere Hersteller übernehmen allein die Garantie für Ersatzteile, die keinem Verschleiß unterliegen.
Bevor Sie die Garantie des Herstellers in Anspruch nehmen, sollten Sie die Bedingungen in der Garantieurkunde genau studieren. Während der gesetzlichen Gewährleistungsfrist lohnt sich meist die Reklamation beim Verkäufer der Ware.