Nach der neuesten Studie des UBA (Januar 2023) sind gegenüber den vorherigen Berechnungen (UBA-Kurzpapier "Tempolimit Außerorts", 03/22) spürbar höhere Verminderungen von Treibhausgasen zu erwarten:
• 120 km/h auf Autobahnen: 6,7, Mio t CO2 /Jahr
• 120 km/h auf Autobahnen und 80 km/h außerorts: 8 Mio t CO2/Jahr.
Bei 48 Millionen zugelassenen PKWs in Deutschland würden PKW-Besitzer:innen Einsparungen zwischen 0,14 t und 0,17 t/Jahr an CO2 erreichen. Mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 120 km/h auf Bundesautobahnen und 80 km/h Außerorts könnten sich bis 2030 rund 47 Millionen Tonnen CO2 einsparen lassen. Zum Vergleich: Im Verkehrssektor werden die jährlichen Ziele bisher deutlich verfehlt, bis 2030 um 271 Millionen CO2.
Die Einsparung, die die durch drei Monate mit dem 9-Euro-Ticket erreicht wurde, liegt einer Studie zu Folge bei 1,8 Mio t CO2. Die CO2-Einsparung, die durch den Weiterbetrieb der 3 deutschen AKW’s bis zum April 2023 erreicht würde, wenn dadurch weniger Kohlekraftwerke betrieben würden, läge ebenfalls bei 1,3 Mio t (mit alten Brennstäben im Streckbetrieb). Während die Forderung nach einer Verlängerung der Atomkraftwerke viele politische Kontroversen hervorgerufen hat, wird das Argument, was dabei für die Befürwortung der Verlängerung genutzt wurde, beim Tempolimit ignoriert: die sofortige Einsparung von CO2 mit relativ geringem Aufwand. Unsere Forderung: sofortige Einführung eines Tempolimits von mindestens 130 km/h auf Bundesautobahnen, idealerweise von 100 km/h. Das Tempolimit ist eine leicht umzusetzende Maßnahme, durch die ein Teil der im Verkehr erforderlichen CO2-Einsparungen erreicht wird. Da dieser Bereich seine Ziele bisher vollständig verfehlt, zählt hier, wie in anderen Sektoren auch, jede Tonne. (autofreie Sonntage?)
CO2-Ausstoß (EU) und Emissionsfaktoren
Zur Verminderung des CO2-Ausstoßes (Emission) wurde in der EU sogenannte Emissionshandel (ETS) eingeführt. Dazu wurde für alle teilnehmenden Länder eine Obergrenze der maximalen Emissionen festgesetzt, die sogenannte CAP. Diese CAP sollte im Laufe der Zeit immer geringer werden. Die Idee dahinter ist, dass eine Obergrenze für CO2-Emissionen für eine bestimmte Periode festgelegt wird. Alle Unternehmen, die CO2 ausstoßen, bekommen bestimmte Emissionsrechte zugeteilt oder müssen diese erwerben. Der Emissionshandel soll dazu führen, dass CO2-Emissionen zu reduziert werden. Langfristig sollen die Gesamtemissionen verringert werden, indem die Zahl der Zertifikate immer weiter verringert wird. Erfasst werden die großen Energie- und Industrieanlagen, die viel CO2 erzeugen, wie z.B. Kohlekraftwerke. Unternehmen, die weniger erzeugen, können Emissionszertifikate an andere, die viel erzeugen, verkaufen. Der Preis variiert je nach Angebot und Nachfrage. Der Emissionshandel dient also dazu, die Klimaschutzziele der EU zu erreichen, zukünftig nicht nur für Anlagen zur Stromerzeugung und Industrieanlagen, sondern auch für den nationalen Flug- und zukünftig auch für den Seeverkehr. Nicht enthalten sind die Emissionen durch den internationalen Flugverkehr, den Autoverkehr oder der Energieverbrauch in Gebäuden, was in Deutschland teilweise durch die Einführung der CO2-Abgabe ergänzt wird. Zu Beginn des ETS-Handelssystems und auch bei jeder neuen Handelsperiode wurden von den Staaten jedoch sehr großzügig kostenlose Zertifikate an die volkswirtschaftlich wichtigen Unternehmen verteilt. Davon profitieren besonders Fluggesellschaften. In späteren Jahren kam es dazu, dass der Preis der Zertifikate immer weiter sank, da es durch Wirtschaftskrisen zu gedrosselten Produktionen und gleichzeitig sinkenden CO2-Emissionen kam, d.h., die erhältlichen Zertifikate waren nicht mehr erforderlich und wurden dadurch immer günstiger. Da Unternehmen auch noch zusätzliche Zertifikate erhalten, wenn sie andere Umweltmaßnahmen ergreifen, und diese nicht auf die vorhandene Gesamtmenge angerechnet werden, entstehen automatisch immer mehr Zertifikate, und es kam zur einer Schwemme. Der Emissionshandel kam zum Erliegen und konnte so nie seine Wirkung entfalten. Erst seit 2019 versucht man, die Zahl der überschüssigen Zertifikate zu verringern. Dazu werden nicht genutzte Zertifikate nicht auf dem Markt versteigert, sondern der sogenannten „Marktstabilitätsreserve“ zugeführt, wenn eine bestimmte Anzahl an Zertifikaten überschritten wird. Als Folge sind die Preise der Zertifikate gestiegen. Strittige Einstellungen zum ETS: Aus Sicht bestimmter Wirtschaftsexperten ist es nicht notwendig, den CO2-Fußabdruck zu senken, da der EU-Emissionshandel dafür Sorge tragen würde, dass die Klimaneutralität erreicht wird.
Leider kann dies nicht nachvollzogen werden, da
1. Die Zahl der Zertifikate viel zu groß ist, und der Preis daher zu niedrig, so dass es bisher für Unternehmen nicht erforderlich war, ihre Emissionen zu senken. Teilweise wurde von CO2-Großproduzenten am Emissionshandel verdient. Die steigenden Preise im vergangenen Jahr wurden hingegen an Verbraucher:innen weitergegeben, eine Reduktion der EU-weiten CO2-Emissionen kann nicht (oder höchstens teilweise) dem Zertifikathandel zugeschrieben werden.
2. Der Emissionshandel bisher nur für die Unternehmen gilt, die etwa für 45% der Treibhausgasemissionen, wie CO2, ausstoßen. Innerhalb der EU sind sowohl der Verkehr (außer EU-weiter Flugverkehr) wie auch die wärmeproduzierenden Industrieanlagen ausgeschlossen.
3. CO2 entsteht nicht nur durch EU-weite Aktivitäten, sondern auch global durch unseren Konsum, unser Reiseverhalten (internationale Flüge), den Schiffsverkehr, die Erzeugung von Flüssiggas oder anderen fossilen Energieträgern, wie Kohle, Erdgas und Kraftstoffe; diese Emissionen werden u.a. auch von unserem Lebensstil beeinflusst. Verständliche Erläuterungen zu diesem Thema finden sich in dem Podcast des Ökoinstituts von Verena Graichen. Neue Beschlüsse in der EU sollen nun zu einer deutlichen Verbesserung im ETS führen.
Was ist neu im Emissionshandel?
Die EU hat Ende 2022 eine grundlegende Reform des Emissionszertifikatehandels beschlossen. Demnach sollen vermehrt Zertifikate aus der Marktstabilitätsreserve (MSR) gelöscht werden, so dass sich die Zahl der Zertifikate auf dem Mart schneller vermindert, und sich die Emissionen aufgrund der dann steigenden Kosten für die Zertifikate ebenfalls schneller verringern. Gleichzeitig soll die sogenannte „CAP“, also die Obergrenze der vorhandenen Zertifikate, schneller sinken. Außerdem wird es auch in der EU zukünftig Emissionszertifikate für die Bereiche „Gebäude“ und „Mobilität“ geben, was der in Deutschland bereits eingeführten CO2-Abgabe entspricht. Leider wird ab er die geplante großzügige Löschung der Zertifikate in der MSR dadurch vermindert, dass es, bedingt durch die Energiekrise, zu Mehremissionen durch die Kohleverstromung kam. Ganz kurz erklärt, bedeutet dass: die Obergrenze der Zertifikate wird zwar geringer, aber durch den Rückfluss von Zertifikaten aus der MSR auf den Markt (anstelle der ursprünglich geplanten Löschung) sinkt die Zahl der Zertifikate eben nicht in dem geplanten Umfang, und damit auch nicht die Emissionen. Es passiert genau das, was gerade auch in Deutschland mit der CO“-Abgabe passiert ist ( der geplante Anstieg dieser Abgabe wurde wegen der Energiekrise ausgesetzt) passiert ist: es gibt immer wieder „Ausnahmen“, die dazu führen, dass Emissionen weiterhin nicht im geplanten Umfang sinken. Genau dies kann auch denen entgegnet werden, die weiterhin erklären, dass die Verhaltensänderungen der Verbraucher:innen nicht nötig sei…weil die Klimaschutzziele durch den ETS ohnehin erreicht werden.
Unsere Forderung: Das neue EU-Ziel („Fit for 55“) muß wirklich eine Reduktion im Emissionshandel zur Folge haben. Der historische Überschuss an Zertifikaten und die kostenlose Vergabe von Zertifikaten muss schnellstens abgebaut werden, da er die Wirksamkeit des ETS bisher verhindert hat.